07.07.2024
Leserbrief von Florian Keppers aus Kyllburg zu der "Rückkehr zu nationalen Egoismen"
Die aufkeimende und mittlerweile Blüten tragende Politik der nationalen Egoismen à la „Amerika zuerst“ ist zwar verständlich, aber meines Erachtens hoch gefährlich. Europa stand vor dem Zweiten Weltkrieg
bereits in einer Konstellation von autoritär und nationalistisch geführten Regimen. Deutschland, Italien, Spanien und weitere. Die Konsequenzen von protektionistisch und später expansiv agierenden Staaten sind absehbar. Erst kommt die Abschottung gegenüber „Außen“ und dann die zwischenstaatliche Aggression. Es ist nachvollziehbar, dass Menschen die aktuelle Situation nicht als friedlich empfinden. Doch besser als erneuter offener Krieg. Besser ein unbequemer „Frieden“ als offener Krieg. Natürlich passieren schreckliche Ereignisse wie Attentate und Morde. Doch auch diese Taten sind geprägt von einer in sich geschlossenen und radikalen Denkweise. Sei es politisch oder religiös. Auf Fanatismus mit Fanatismus zu reagieren, klappt nur bei der Brandbekämpfung. Den Teufel vertreibt man nicht mit Mephisto. Die Rückkehr zu alten Mustern halte ich auf Grundlage der geschichtlichen Verläufe nicht für eine Lösung. Manchmal habe ich den Eindruck, dass der Staat oft zwischen den Extremen pendelt. Erst der Versuch einer planlosen, auf gut Wetter hoffenden Öffnung gegenüber allem, dann zurück zu radikal nationalistischer Denkweise. Zwischen Selbstaufgabe und stolzgeschwellter Brust. Gesunder Egoismus ist natürlich und überlebenswichtig. Doch es darf nicht soweit gehen, dass daraus ein Absprechen der Existenzberechtigung Andersdenkender wird. Deutschland hat sich immer am besten präsentiert, wenn es zu einer klugen Kooperation und zum Dialog bereit war. Man betrachte die Deutsche Wiedervereinigung und die deutsch-französische Freundschaft. Was das pauschale Ausmerzen von Menschengruppen betrifft, fängt es oft mit anderen Gruppen an und man muß aufpassen das man nicht selbst irgendwann eine Eigenschaft aufweist, die zu einer Aussortierung führt. Dass am Ende ein gesunder Volkskörper das Resultat ist, wage ich aufgrund der schweren Verbrechen in der Durchführung zu bezweifeln. Ich fühle mich selbst oft überfordert, weil das tägliche Abwägen von Positionen und Sichtweisen sehr anstrengend ist. Aber ich denke, dass es der Mühe wert ist, da wir sonst wieder vor dem Nichts stehen. „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“ — Rosa Luxemburg
Florian Keppers, Kyllburg
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